Kekse. Wer liebt sie nicht, egal ob kunstvoll verziert zu Weihnachten, klassisch zum Kaffee oder als Knabberliebling von Groß und Klein. Kekse sind in der Regel süß und haben Kalorien. Wenn schon ein Keks, dann soll er am besten vollwertig, biologisch & regional sein und auf jeden Fall gut schmecken. Das dachten sich auch Sabine und Xavier, die im Großen Walsertal ihre Bio-Keks Manufaktur betreiben. Der Walserin und dem Bretonen* sind dabei besonders die Herkunft der Zutaten und die Transparenz gegenüber den Gästen und Kunden wichtig. Einzigartige Rezepte zu entwickeln, die den hohen Qualitätsansprüchen genügen und geschmacklich überzeugen, kosten allerdings ihre Zeit. Die nehmen sich die beiden Kreativschaffenden jedoch gerne und tüfteln an den perfekten Keksrezepten. Ihre Begeisterung für Neues, die Liebe zur Arbeit, zum Handwerk und der Natur helfen ihnen sehr und motivieren sie immer wieder aufs Neue. Neben süßen Keksen gehören außerdem herzhafte Bergkäse-Snacks zum Angebot und ganz neu auch eine vegane Kekssorte.
Die Bio-Keks Manufaktur liegt eingebettet in den Bergen Vorarlbergs, genauer gesagt in der kleinen Gemeinde Raggal im Biosphärenpark Großes Walsertal. Biosphärenparke verschreiben sich dem Naturschutz und dem Einklang von Mensch und Natur. Umweltverträglicher Tourismus spielt dabei ebenso eine tragende Rolle wie die nachhaltige Entwicklung der Region. Knapp die Hälfte der ca. 180 Landwirtschaftsbetriebe im Großen Walsertal betreiben ihre Betriebe biologisch. Wussten Sie, dass in Österreich nur drei weitere Regionen die Auszeichnung eines Biosphärenparks tragen?
Wer die leckeren, regionalen Bio-Kekse nicht nur essen, sondern einmal selbst in die Backkunst eingeweiht werden möchte, kann an einem Keks-Workshop in der Manufaktur teilnehmen. Die Manufaktur ist ebenso Ort für wechselnde Kunstausstellungen und kleinere Veranstaltungen. Und wem nach den vielen Keksen das Bedürfnis nach Bewegung ist, für den bieten sich außerdem die Yoga-Kurse von Sabine an.
Nach einer ersten Kostprobe der schmackhaften Bio-Kekse ist schnell klar, dass sich dahinter eine ganz besondere Geschichte verstecken muss. Und genau dieser Geschichte möchte ich näher auf den Grund gehen. Dafür statte ich Sabine und Xavier in ihrer Manufaktur einen Besuch ab. Neugierig wie ich bin, fange ich bei meinen Fragen ganz vorne an. Brennend würde mich interessieren, wie sich Sabine aus einem kleinen Dorf im Großen Walsertal und Xavier aus der Bretagne in Frankreich kennen gelernt haben? „In einem anderen Walserdorf, nämlich in Brand!“, schmunzelt Sabine. „Damals lebte Xavier noch in Zürich.“ Sein Interesse an Sabine und der Region war groß und schnell war klar, dass die beiden zusammengehören. „Xavier war immer schon ein Reisender, neben Zürich lebte er auch lange in London und Irland.“, erfahre ich. Der Ortswechsel ins Große Walsertal machte ihm also nichts aus. „Ich war zwar schon lange nicht mehr in meiner Heimat, aber in der Bretagne ist meine Seele zuhause.“, fügt Xavier hinzu.
Als sie 2015 an einem Workshop für die regionale Entwicklung des Tourismus im Biosphärenpark Großes Walsertals teilgenommen haben, breitete sich insgeheim der Gedanke einer eigenen Manufaktur schon in ihren Köpfen aus. Als sich während der Veranstaltung Gespräche wie „Zum Kaffee wäre doch ein guter Keks toll. Am besten noch mit Zutaten von hier.“ entwickelten, haben Sabine und Xavier nicht lange gewartet und gesagt: „Ja, wir machen das!“ Das war der Beginn einer außergewöhnlichen Geschichte…
„Es war auch ein persönliches Interesse und Anliegen von uns, dass wir was Gemeinsames machen und aufbauen. Wir kochen gerne, backen gerne, lieben gute Lebensmittel.“, erzählt mir Sabine. Da ist es natürlich naheliegend, dass sich die beiden der Bio-Kekse verschrieben haben. Ich erfahre außerdem, dass Xavier gelernter Patissier ist und viele Jahre für einen internationalen Lebensmittelkonzern gearbeitet hat. „Die Idee mit den Keksen hatten wir schon länger. Bei diesem Workshop hat sich diese dann auch bestätigt und somit haben wir das dann wirklich umgesetzt.“, schildern die beiden. Da staune ich nicht schlecht, das muss man sich auch erst einmal trauen, dachte ich mir.
Eine absolute Herzensangelegenheit der beiden ist der bewusste Umgang mit der Natur und den Lebensmitteln, die wir von ihr bekommen. „Wir wollten keine gewöhnlichen Kekse machen, wenn dann Bio-Kekse. Und das passt auch perfekt mit dem Biosphärenpark zusammen, in dem wir leben.“, betont Sabine.
„Die ersten Kekse haben wir tatsächlich noch in der Propstei St. Gerold produziert“, erinnern sich die beiden. Bald mussten sie sich aber eine neue Location suchen. Sie waren dann lange in Miete, in der Walserhalle und auch im Bregenzerwald. Im November 2019 entschieden sich die beiden jedoch, wieder nach Raggal zurückzukehren und ihre ganz eigene Manufaktur aufzubauen. Gesagt, getan starteten sie im März 2020 mit dem Umbau und eröffneten im Oktober darauf ihre eigene Bio-Keks Manufaktur, inklusive Coffeeshop, in Raggal. „Wir haben uns das alles selber aufgebaut. Das war eine intensive Zeit, aber jetzt sind wir stabil.“, berichten die beiden stolz. „Wir würden uns aber wünschen, dass es für Start-Ups in Vorarlberg mehr Möglichkeiten als nur Bürofläche gäbe.“
Sabine kommt ursprünglich aus dem medizinisch-sozialen Bereich, sie ist Ergotherapeutin. Ihre Freizeit verbring sie entweder in der Natur oder in der Küche, sie backt liebend gerne! Als Quereinsteiger muss man sich das Wissen erst einmal selbst aneignen und sich intensiv damit beschäftigen. „Ich habe über einen Konditorkurs im Wifi Graz einen guten Grundstamm an Kenntnissen erworben.“, verrät sie mir.
Neugierig frage ich, wie so ein Arbeitsalltag bei ihnen aussieht: „Wir machen vieles gemeinsam, aber es gibt doch auch gewisse Aufgaben die vorwiegend entweder Xavier oder ich alleine machen.“ Sie erzählen, dass sich aufgrund der sprachlichen Barriere vor allem Sabine um die Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation kümmert. Xavier ist der Experte im Bereich der Rezeptentwicklung und Produktion. „Wobei wir immer alles in gemeinsamer Absprache entscheiden“, fügt Sabine hinzu. „Es gibt auch Rezepte, die von mir kommen, wie zum Beispiel der vegane Keks oder auch der Schoki-Keks.“ Ich merke schnell, dass die beiden ein harmonisches Team sind und sich perfekt ergänzen.
Auf dem Weg zur eigenen Bio-Keks Manufaktur gibt es natürlich auch Schwierigkeiten, die es zu bewältigen gilt. Einerseits war da das Problem der Location sowie der Sprache, wie wir schon erfahren haben. Aber auch die Bürokratie ist eine echte Herausforderung, wenn man das noch nie gemacht hat, gibt Sabine zu. „Zu Beginn hat uns auch niemand ernst genommen.“, erzählen sie weiter. ‚Was macht ihr? Kekse? Aha. Und damit kann man Geld verdienen?‘ – war eine oft gehörte Reaktion. „Es fehlte häufig das Verständnis und die Offenheit in unserem Umfeld.“, fügt sie noch hinzu.
„Macht ihr das eigentlich alles noch zu zweit?“, frage ich sie. „Momentan sind wir noch zu zweit, ja. Aber es fängt jetzt langsam an. Eventuell brauchen wir für den Laden und die Produktion eine geringfügige Unterstützung.“ Mich würde außerdem interessieren, ob alle Kekse in Raggal produziert werden? „Ja, wir machen alles selber in Raggal, wir haben jede Kekspackung mindestens einmal in der Hand. Momentan produzieren wir rund 600 Packungen am Tag, unser Ziel ist es natürlich, dies zu steigern.“ Leider hat Corona auch die Bio-Keks Manufaktur nicht verschont, denn auch für Sabine und Xavier war die Pandemie ein Rückschlag und machte die Planbarkeit schwierig.
Mich interessiert, wie Sabine und Xavier zu Regionalität stehen und wie sie den Begriff definieren würden. „Puh – das ist eine gute Frage“, überlegt Sabine, „ich glaube es gibt keine wirkliche Definition von Regionalität.“ Sie betont klar: „Für uns hat Bio oberste Priorität, noch vor Regionalität. Wenn man weiß, dass es eine kontrollierte Landwirtschaft und alles Bio ist, dann kann es auch mal hunderte Kilometer weit weg sein.“ So wie zum Beispiel ihre Schokolade aus Übersee oder die Äpfel, die aus der Steiermark kommen.
Solange die Lebensmittel biologisch sind, ist für Sabine und Xavier also auch das Allgäu oder die Ostschweiz noch regional. Aber auch Niederösterreich kann regional sein, da es in Österreich ist. Ich verstehe. „Wir kennen alle unsere Lieferanten persönlich. Wir wissen, wo die Lebensmittel herkommen und das ist für uns das allerwichtigste und das höchste Qualitätsmerkmal.“, betonen sie.
Auf die Frage, warum Regionalität so wichtig ist, finden die beiden schnell eine klare Antwort: Einerseits, weil wir etwas fürs Klima tun müssen und andererseits, um unsere heimischen Betriebe zu unterstützen. „Ich würde mir wünschen, dass die ganze Welt Bio-Landwirtschaft betreibt. Wir alle wollen sauberes Wasser, saubere Luft und gesunde Lebensmittel. Oder?“, stellt Sabine in den Raum. Da kann ich ihr nicht widersprechen.
Der Biosphärenpark Großes Walsertal – ein Naturparadies für Ruhesuchende. „Die große Artenvielfalt, die unberührte Natur inmitten der Berge. Viel Wald und Wiese, viele unbebaute Plätze, die Ruhe und die gute, reine Luft.“, schwärmt Sabine, „Das ist unser großes Glück.“
Traurig mache sie jedoch oft der Anblick der Wiesen unten im Tal, sie seien so reduziert. Aber kaum wieder zuhause angekommen steigt sie aus dem Auto aus und denkt „Einatmen - Ausatmen. Jetzt ist Ruhe.“ Ich merke, wer Ruhe sucht, ist im Großen Walsertal definitiv richtig.
Gegen Ende unseres Gesprächs verrät mir Sabine noch, dass es ihre Bio-Kekse im regionalen Supermarkt „Sutterlüty“ sowie in Bio-Läden und Käsehäusern zu kaufen gibt. Zudem haben sie auch bereits drei Gastronomiepartner: zwei Hotels im Bregenzerwald und eines in Lech.
Stolz erzählen mir die beiden auch über ihre geplante Kunstausstellung unter dem Motto „Heart of the world - Face of love“, die am 15. Mai 2022 eröffnet wurde. Gerade in der jetzigen Zeit möchten Sabine und Xavier aufzeigen, wie wichtig die persönliche Entwicklung und die Gemeinschaft ist, dass sie hinter Themen wie Biodiversität stehen und dass Ziele gemeinsam besser und schneller erreicht werden können. Das Projekt soll aber weitergehen und gespannt verrät sie mir auch bereits das Motto für das nächste Jahr „Biosphärenpark & Wasser“, das sie auch künstlerisch aufbereiten möchte.
Definitiv erwähnenswert ist an dieser Stelle auch das Angebot an Workshops, das die beiden anbieten: denn was gibt es besseres, als mit den beiden Gründern der Bio-Keks Manufaktur selbst Hand anzulegen und sich praktische Tipps und Tricks zu holen?
Zum Schluss habe ich noch eine letzte Frage an die beiden: „Sabine und Xavier, was wollt ihr den Menschen noch mitgeben, wie lautet eure Botschaft?“. Ihre Antwort kommt auch hier wieder prompt: „Leben, Lieben, Lernen, Lachen. Das Leben genießen! Das ist das, was wir weitergeben möchten.“
* Xavier ist aus der Bretagne. Dieser Teil war einmal unabhängig von Frankreich und deswegen nennen sich die Einheimischen „Bretonen“, sie haben auch eine eigene Sprache, „bretonisch“.
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