Wer am ersten Wochenende nach Aschermittwoch in Vorarlberg unterwegs ist, wird sich allerorts über brennende Holztürme und imposante Feuer wundern. In manchen Orten werden brennende Scheiben durch die Luft geschleudert, in anderen Orten wandern Kinder mit Lampions durch das Dorf.
Das traditionelle Funkenabbrennen ist eine uralte schwäbisch-alemannische Tradition, deren Ursprung nicht vollständig geklärt ist. Manch einer möge meinen, das Anbrennen von Holztürmen und Hexenpuppen sei ein Überbleibsel der schrecklichen Hexenverbrennungen in der frühen Neuzeit, doch dies ist ein Irrglaube! Die Ursprünge der Feuer sind zum einen in alten heidnischen Fruchtbarkeitsriten mit Opferfeuern, zum anderen im Ende der schwäbisch-alemannischen Fastnacht und dem Beginn der Fastenzeit zu finden. In Vorarlberg hat die Praxis des Funkensonntags eine lange Tradition, in fast jeder Gemeinde wird von der örtlichen Funkenzunft, der Ortsfeuerwehr oder den Fasnachtszünften ein Funkenfeuer organisiert. Im Jahre 2010 wurde der Vorarlberger Funkensonntag sogar ins Weltkulturerbe aufgenommen.
Jedes Jahr wird am Funkensonntag die sogenannte Funkentanne entzündet. Dabei handelt es sich um einen aufgeschichteten Holzturm, bestehend aus gesammelten Materialien, z.B. alten Christbäumen. Nach landläufiger Meinung soll durch den Funken der Winter vertrieben und Glück entflammt werden. Als Sinnbild für den beginnenden Frühling steht die Winterhexe, die auf der Spitze des Funkens befestigt wird. Meistens wird sie mit Schwarzpulver präpariert, damit sie im Feuer explodieren kann. Ist der Funken entzündet, wird der Funkenmeister nervös… nicht ohne Grund! Er wartet darauf, dass die Hexe explodiert – geschieht dies nicht muss sie am nächsten Tag begraben werden.
Der Funkensonntag trägt in Vorarlberg noch eine zweite Bezeichnung: Küachlisonntag – hier ist der Name Programm! Die leckeren Küchlein aus Hefeteig, verfeinert mit Staubzucker, lassen nicht nur die Herzen der Funkenzunft-Mitglieder höherschlagen. Funkaküachli essen darf man sich bei einem Besuch des Funkens auf keinen Fall entgehen lassen – und wer davon nicht genug kriegt, kann das Gebäck ganz einfach zu Hause nachbacken - hier geht’s zum Rezept.
Die Tradition des Funkenabbrennens hat in Bludenz eine bewegte Geschichte. In früheren Zeiten wurde in und um Bludenz besonders das sogenannte „Scheibenschlagen“ praktiziert. Dieser Brauch wird in einigen Gemeinden in Vorarlberg noch heute am Funkensonntag ausgeübt. Dabei werden Holzscheiben an Holzstöcke gesteckt und zum Glühen gebracht. Die glühenden Scheiben ziehen einen leuchtenden Bogen im Nachthimmel und werden anschließend in die Dunkelheit geschleudert.
Im Jahre 1741 wurde das Scheibenschlagen vom Bludenzer Stadtrat verboten und hart bestraft. 24 Jahre später wurde in Bludenz sogar das Funkenabbrennen verboten, da der Brauch als wirtschaftlich und sozial schädlich angesehen wurde. Dieses Verbot wurde später mit Hilfe der zuständigen landesfürstlichen Stellen in ganz Vorarlberg eingeführt.
Die Bevölkerung in Vorarlberg ließ sich nur schwer davon abbringen, das Brauchtum weiter zu pflegen. In Bludenz kam es mehrmals zu Konflikten am Funkensonntag. Doch erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts gab es seitens der Gesetzgeber mehr Toleranz, die Bedeutung des Funkenbrauchs wurde in der Gesellschaft immer häufiger thematisiert.
Das Funkenanbrennen wurde bis in die 60er Jahre des 19. Jahrhunderts verboten und exekutiert. In Bludenz wurde im Jahre 1893 der symbolischer Schlussstrich unter den jahrelangen Konflikt gezogen, indem die erste Funkenveranstaltung von den Behörden offiziell bewilligt wurde. Im selben Jahr wurde im Gasthaus Hirschen in Bludenz die weltweit erste Funkenordnung niedergeschrieben.
Rund um das Funkenfeuer gibt es zahlreiche, uralte Traditionen, die in jedem Tal - ja sogar in den einzelnen Dörfern – unterschiedlich ausgetragen werden. Doch nicht nur die alten Traditionen, sondern auch neue Ideen lassen den Funkenbrauch weiterwachsen.
Bis 2019 wurde der Mittelstamm des Bludenzer Funkens mit Paletten verkleidet und mit Christbäumen gefüllt. Da durch das Abnehmen der verfügbaren Fläche der Sicherheitsabstand jedoch nicht mehr gewährleistet werden konnte, wurde 2020 ein Bludenzer Funken in neuer Bauweise errichtet. Der Funken wird nur noch mit wenigen Paletten und ohne Christbäume gebaut. Highlight des neuen Funkens ist die Verkleidung durch mehr als 2000 Baumscheiben, den sogenannten „Cookies“.
In der Gemeinde Nüziders wird der Funken in pyramidenähnlicher Form aus drei Funkenlatten errichtet. Das Innere wird mit Holz befüllt, das traditionell beim alljährlichen Funkenholzen vorbereitet wird. Vom Funkenmeister höchstpersönlich wird die Funkenhexe, Lucrezia von der Holderstaude (benannt nach der in unmittelbarer Nähe stehenden Holderstaude), auf die Spitze des Funkens getragen und dort befestigt. Im Kindergarten werden Lampions gebastelt, welche am Abend des Funkensonntags im Rahmen eines feierlichen Umzugs durch das Dorf getragen werden. Nach dem Umzug wird der Funken durch den Bürgermeister und Funkenmeister entzündet. Für die Kinder werden im Vorfeld Fackeln angefertigt, welche sie parallel zum Funkenfeuer in den Nachthimmel schwingen. Nachdem sich die Hexe verabschiedet hat wird ein Feuerwerk veranstaltet. Wird Lucrezia von der Holderstaude nicht durch den großen Knall erlöst, wird sie im Beisein der Bevölkerung bei einer Hexenbeerdigung zu Grabe getragen.
Quellen:
Vorarlberg Tourismus, Wikipedia, UNESCO Funkensonntag, Funkenzunft Bludenz Webseite, Feuerwehr Nüziders, https://cdn3.vol.at/2008/03/Infos_funken.pdf, https://www.funkenzunft.com/category/funken/, http://apps.vorarlberg.at/vorarlberg/pdf/bg114-115tschaiknerfasnac.pdf, https://www.funkenzunft.com/category/funken/, Heimatleuchten: Wilder Winter
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